RAL 3000 oder das „rote“ Moment
Ein nicht ganz ernst gemeinter Bericht zum Thema Chorkleidung
Es ist so ähnlich wie im Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“: Jedes Mal, wenn vor einem Auftritt darauf hingewiesen wird, dass wir Chorkleidung tragen sollen, fragt garantiert ein – meist weibliches – Mitglied, das die Gepflogenheiten noch nicht kennt: „Was bedeutet denn ‚Chorkleidung‘?“
Die Standardantwort darauf lautet: „Schwarz mit rotem Moment“, was die Fragestellerin oder den Fragesteller häufig etwas ratlos dreinschauen lässt. Die ergänzende Erläuterung, mit rot sei die RAL-Farbe 3000 gemeint, lässt zwar an Präzision nichts zu wünschen übrig, ist aber für sich allein auch nur bedingt hilfreich.
Tatsache ist, dass wir keine einheitliche Chorkleidung haben. Alle dürfen das tragen, was ihnen gefällt – Hauptsache, es ist schwarz und wird mit einem roten Accessoire aufgepeppt. So weit, so gut.
Die Männer haben es ja leicht. Sie tragen ein langärmeliges schwarzes Hemd zur schwarzen Hose. Ohne Jackett. (Temperaturbedingte Ausnahmen sind möglich, z.B. bei Auftritten in kalten Kirchen.) Rote Fliege oder Krawatte dazu – fertig. Das ist unproblematisch und sieht immer gut aus.
Bei uns Frauen ist das anders. Es gibt so viele schöne Rottöne für jeden Farbtyp – bordeaux, chili, fuchsia, granatapfel, himbeere, kirsche, koralle, malve, marsala, salsa, tomate, ziegel, um nur einige zu nennen. Aber RAL 3000 ist das Maß der Dinge. Wenn wir die Farbkarte zum Shoppen nicht mitgenommen haben, ist es ganz schön schwierig, ein Accessoire im richtigen Farbton zu finden. Schließlich wollen wir nicht immer dasselbe anziehen. Schals passen ja zu fast jedem Outfit, aber Achtung – ein herunterhängender Schal geht gar nicht; damit sieht frau nämlich total traurig aus! Zu beachten ist auch, dass selbst bei Hitze ein langärmeliges Oberteil getragen werden sollte. Dreiviertelärmel gehen immerhin auch. Und wenn wir einen Rock oder ein Kleid anziehen wollen, müssen wir dazu blickdichte schwarze Strumpfhosen tragen. Die Frage der richtigen DEN-Stärke ist allerdings bis heute ungeklärt.
Es ist schon erstaunlich, dass wir es trotz dieser Widrigkeiten seit inzwischen mehr als 10 Jahren immer wieder schaffen, ein ordentliches Bild in „Schwarz mit rotem Moment“ abzugeben. Auch wenn wir uns nicht immer ganz an die Grundregeln halten. Oder vielleicht gerade deswegen.
Sabine Baumgart